Hausärzte sind oft die erste Anlaufstelle für Patienten. Die Entscheidung, ob bei einem Krankheitsbild ein Facharzt zu konsultieren ist, liegt nicht selten bei ihnen. Es gilt, zum Wohle des Patienten aber auch ressourcenschonend abzuwägen. Wie sieht eine optimale Zusammenarbeit von Hausärzten und Fachärzten aus?
Der gemeinsame Seminartag von KOSTA (Koordinierungsstelle für die Weiterbildung zum Facharzt in der Allgemeinmedizin) und KOMPAS (Kompetenzzentren Allgemeinmedizin Sachsen-Anhalt) für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung im Fachgebiet Allgemeinmedizin am 27. September 2024 im Haus der Heilberufe in Magdeburg bot hier etliche neue Erkenntnisse. Die Themenspanne: breit gefächert. Von der Augenheilkunde über Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bis zu Geschlechtskrankheiten, ergänzt durch aktuelle Einblicke in den Alltag einer Hausarztpraxis. Das Interesse: groß. Knapp 100 Teilnehmer konnten im großen Konferenzraum gezählt werden. Die Stimmung: ausgezeichnet. Neben dem Netzwerken und reichlich Input konnten die Lernenden auch mit den Dozentinnen und Dozenten intensiv ins Gespräch kommen. Diese erreichten nicht nur durchgängig Aufmerksamkeit durch ihre fachspezifischen Präsentationen. Es gelang ihnen durchweg, ihr Wissen auch auf pointierte Art und Weise in Wort und Bild zu vermitteln. Zum Auftakt informierten Dr. Markus Wagner und Dr. Christina Goll, Fachärzte für Augenheilkunde, über die Tücken von entzündeten und roten Augen. Mit welchen Erscheinungsbildern bekommen es Hausärzte in der Mehrzahl zu tun, welche sind durch den Hausarzt behandelbar, was sind die „Red Flags“, welche Symptome deuten auf eine ernsthafte Erkrankung hin und bedürfen einer Abklärung oder dringenden Überweisung an den Augenarzt.
Anschließend informierte Dr. Jörg Böhme, Allgemeinmediziner und KV-Vorstandschef, über geschicktes Management einer Praxis und welche Unterstützung die Kassenärztliche Vereinigung jungen Ärztinnen und Ärzten bieten kann. „Wir helfen Ihnen gern beim Weg in die Selbstständigkeit.“ 243 Hausarztstellen seien in Sachsen-Anhalt besetzbar. Ein Dilemma: Derzeit würden zunehmend Angestelltenverhältnisse bevorzugt, das Modell der eigenen Praxis erscheint derzeit immer weniger Ärztinnen und Ärzten verlockend. Laut Statistik sinke damit auch die Leistungsbereitschaft. Er dozierte über technische Schwierigkeiten, klärte über die aktuellen Entwicklungen in Berlin auf und was sie für Hausärzte bedeuten. Sein Fazit dennoch: „Trotz aller berufspolitischer Querelen ist der Beruf des Hausarztes einer der schönsten der Welt.“
Dr. Petra Bubel ist Hals-Nasen-Ohren-Spezialistin mit eigener Praxis. Das Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt fächerte das Gebiet in seiner Breite auf, bot erstaunliche Erkenntnisse samt Bildmaterial, klärte über mögliche Ursachen von Nasenatmungsbehinderungen, Tumore und Tonsillen auf und erzählte aus ihrem reichlichen Erfahrungsschatz teils auf recht humorige Art. Warum man eine Murmel in der Nase eines Kleinkindes belassen sollte, was es mit Nasenbluten auf sich haben kann und die vielen Ursachen von Heiserkeit – voller Aha-Momente ging es in die Mittagspause.
Spezialistin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde:
Dr. Petra Bubel (hinten am Pult)
Gegen die Trägheit eines wohlgenährten Magens anzutreten, dafür brauchte Dr. Sven Schellberg, Facharzt für Allgemeinmedizin mit Schwerpunktpraxis in Berlin, nicht viel. Allein der Titel seines Vortrags schuf Aufmerksamkeit und Konzentration: „Voll unter der Gürtellinie – sexuelle Gesundheit“. Schonungslos konfrontierte der Mediziner die Kolleginnen und Kollegen mit der Realität zum Thema Geschlechtskrankheiten, die keine Gesellschaftsschicht auslässt und schon gar keinen Bogen um heteronormative Beziehungen macht: „Wir müssen über sexuelle Lebenswelten sprechen“, so Dr. Schellberg. Er wolle Vorurteile abbauen und neugierig machen, erklärte er am Ende. Das gelang: Chlamydien, Gonorrhoe, Herpes – anschaulich wurde in Geschichten und Bilderbeispielen erklärt.
Ein großes Thema: „Syphilis – das ist eine unfassbar übertragbare Krankheit“, so der Mediziner, der nebenbei noch verriet, dass wir dieser Erkrankung die Krawatte verdanken, die früher als schalartiges Tuch gebunden, den verräterischen Ausschlag auf gestählten Männerbrüsten verdecken sollte. Viel Applaus am Ende – und ein klasse Feedback für diesen erhellenden Seminartag.
K. Basaran
Fotos: ÄKSA