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Wie das Mentoren-Programm der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie dem Nachwuchs bei der Karriereplanung hilft

Mit Herz, Hirn und Speed für die junge Ärzteschaft

Mit Herz, Hirn und Speed für die junge Ärzteschaft

Foto: freepik.com/wavebreakmedia_micro

Beim Dialogforum Junge Ärzte am Rande des Ärztetages in Mainz kam mit dem vorab gesetzten Thema „Ärztliche Weiterbildung – zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ einiges auf den Tisch – wir berichteten. Ein wesentlicher Kritikpunkt: Statt eines Wissenstransfers von realitätsgestählten Ärzten, motivierten Weiterbildungsbefugten oder gar Koryphäen auf dem jeweiligen Fachgebiet, heißt es für viele der jungen Ärzte in Weiterbildung vor allem: „Learning by doing“, Lernen durch Handeln. Natürlich hat das seine Berechtigung und viele Gründe, und sicher liegen diese nicht unbedingt am mangelnden Willen der Altgedienten. „Weiter wie bisher“ geht aber perspektivisch auch nicht. Junge Ärzte wünschen sich interessierte und idealerweise didaktisch geschulte Mentoren an die Seite, die mit ihrer Expertise sowohl fordern als auch fördern und die beruflich-fachliche wie persönliche Entwicklung des Lernenden vorantreiben. Nun gibt es Institutionen und eine etablierte Ärzteschaft, welche die Dringlichkeiten und auch die Chancen erkannt haben, die im Mentoring liegen. Und die inzwischen an Ideen und Konzepten arbeiten, um die Generationen zusammenzubringen. Es liegt ja im Interesse der Zunft, wertvolles Wissen, Perspektiven und Hilfestellungen aufzuzeigen, weiterzugeben. Arroganz kann man sich längst nicht mehr leisten, der drohende Ärztemangel erfordert eine fundierte, konzentrierte und zügige Aus- und Weiterbildung. Das gilt dann übrigens für alle Ebenen des Lernens, reicht von Theorie über Praxis bis hin zur Logistik.

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gibt es bereits seit 2011 das Projekt Klasse Allgemeinmedizin (KAM), erfolgreich vorangetrieben von Professor Thomas Frese, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der dortigen Medizinischen Fakultät. Hier werden rund 40 Medizin-Studierende ab dem ersten Vorklinischen Semester in einer festen Klasse auf eine spätere Tätigkeit als Haus- bzw. Landarzt vorbereitet. Das Besondere: Jedes Semester werden zwei Praxistage bei einem ärztlichen Mentor aus dem ländlichen Sachsen-Anhalt absolviert. Sie garantieren exklusive Einblicke und Eindrücke in einem realen Arbeitsumfeld für die Studierenden. Die Mentoren wiederum profitieren von fachlich zunehmend versierten und motivierten jungen Menschen. Wissen und Leidenschaft für den Beruf werden 1:1 weitergegeben. Umgekehrt bleiben die Älteren so mit der jungen Generation und aktuellen Bildungsinhalten in Kontakt. Das fruchtet: „Mittlerweile haben wir schon ehemalige KAM-Studenten, die jetzt selbst KAM-Mentoren sind“, sagt Manon Richter, zuständig für die Koordination am Institut für Allgemeinmedizin. Und: Das Projekt ist zwar langfristig angelegt und erfordert zunächst einiges an Invest seitens der Mentoren, doch zeigt sich die Nachhaltigkeit: Junge Ärzte entscheiden sich bewusst für eine Haus- und Landarzt-Karriere, weil sie wissen, was sie erwartet und welche Möglichkeiten sich bieten. „Sie sind bestens vorbereitet.“ Ähnliche Ziele verfolgt das Wahlfach „Klasse Hausärzte“ (KLAHA) der Otto-von Guericke-Universität in Magdeburg. Das Angebot richtet sich an Studierende der Medizin, die sich eine Zukunft als Landärzte vornehmlich in Sachsen-Anhalt vorstellen können. Sie bekommen Fachärztinnen oder -ärzte für Allgemeinmedizin als Mentoren zur Seite gestellt. Durch regelmäßige Praxistage erleben sie den Alltag eines Hausarztes oder einer Landärztin inklusive Patientenkontakt. Direktes Feedback und daraus resultierende Reflektion sind Benefits, die den Studierenden bei der Orientierung und der Perspektivensuche einen unschätzbaren Mehrwert bieten.

Auch abseits der Universitäten entstehen vielversprechende Mentoren-Projekte: Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hat zum Beispiel mit viel Herzblut und Arbeit eine Form entwickelt, angehende und junge Kardiologinnen und Kardiologen bei ihrer Entwicklung effektiv zu unterstützen. Seit 2021 ist so die Idee eines zielgerichteten Mentorings umgesetzt worden. Eine Erfolgsstory.

Dr. Karin Rybak erklärt, wie es dazu kam. Sie ist Kardiologin aus Dessau-Roßlau, Vorsitzende und zugleich Sprecherin der von ihr initiierten Taskforce Mentoring der DGK: „Uns haben immer wieder Anfragen junger Kolleginnen und Kollegen erreicht – und das waren oft ganz praktische: Wie komme ich in die Forschung? Welche Perspektiven habe ich als Fachärztin oder Facharzt in und mit einer Niederlassung? Welche Spezialisierung ist für mich sinnvoll? Welche Voraussetzung und welche Dokumente brauche ich wofür?“ Insbesondere geringer vernetzte junge Ärztinnen und Ärzte müssten sich – wenn überhaupt – solche Antworten und Informationen oft mühsam beschaffen: „Zum Teil kommt der Kontakt zu altgedienten Kardiologen nie oder zu spät auf dem noch frischem Karriereweg junger Ärzte zustande“, hat Dr. Rybak beobachtet und wollte diese Situation ändern. Gerade in den Reihen der DGK verfüge man über eine hohe fachliche Expertise und sei zugleich breit in alle Richtungen aufgestellt. Warum sollten angehende Kolleginnen und Kollegen nicht von diesem Wissensschatz profitieren? Umgekehrt könne man als Mentor erfahren, wie man das Fachgebiet attraktiver für die junge Ärzteschaft gestalten und bewerben kann, um so nachhaltig Nachwuchs zu gewinnen und zu begeistern. Das Mentoring-Programm, das unter anderem durch konsequentes Netzwerken schnell in die Umsetzung kam und inzwischen ordentlich Fahrt aufgenommen hat, umfasst nun drei unterschiedliche Formate:

Dr. med. Karin Rybak, Initiatorin des Programms, im Gespräch mit einem Mentee. Foto: © DGK/Hauss

Sie möchten mehr über das Mentoring-Programm der DGK erfahren?
Hier können Sie Kontakt aufnehmen: https://mentoring.dgk.org

Sie haben eigene Ideen oder Erfahrungen mit Mentoring-Projekten? Erzählen Sie uns gern davon und schreiben Sie an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Speed-Mentoring online: Dieses Event findet jährlich wenige Wochen nach der Jahrestagung der DGK statt. „Die Mentees, also die jungen Interessierten, können sich dafür bei uns bewerben“, erklärt Dr. Rybak.
„Sie sind noch in der Facharztausbildung, es können aber auch junge Fachärzte sein.“ Jeder Mentee kann drei Wunschmentoren angeben. Das Online-Format eröffnet dem Nachwuchs die Möglichkeit, die Experten unabhängig von Wohn- oder Wirkungsort „treffen“ zu können. Wichtig ist, dass der Mentee sich vorbereitet, die Richtung der Fragestellungen angibt. Dann kann er mit seinem idealen Mentor gematcht werden. Für die einzelnen Online-Gespräche, stehen jedem Mentee 15 Minuten mit seiner Mentorin oder seinem Mentor zur Verfügung, ehe gewechselt wird. „Es geht darum, dass wir hier einen geschützten Raum schaffen, in denen die Mentees mit ihrem Mentor unter vier Augen und vertraulich ihre Anliegen und Fragen besprechen können“, erläutert Dr. Rybak, die sich ebenfalls als Mentorin zur Verfügung stellt. Inzwischen sei der Pool von Mentorinnen und Mentoren aus Praxis, Klinik und Forschung auf 47 gewachsen. Beim letzten Online-Event Ende Mai konnte jeder Mentee sogar vier Gespräche führen. Insgesamt wurden 69 Einzelgespräche registriert.

Speed-Mentoring in Präsenz: Das gleiche Prinzip wie beim Online-Format liegt letztlich der Präsenz-Veranstaltung zu Grunde. Hier gibt es die Gespräche Face-to-Face, der Mentee hat 20 Minuten zur Verfügung. Zwei Gespräche sind möglich. Diese Form des Mentorings wird jährlich und während der Herztage angeboten – diesmal am 27. September 2024 in Hamburg. Auch hier müssen sich die jungen Ärztinnen und Ärzte bewerben.

Individuelles Mentoring: Hier ist eine langfristige Begleitung eines Mentees etwa für eine Promotion oder Habilitation durch einen Mentor möglich, vermittelt durch die DGK. Derzeit gibt es 49 dieser festen Verhältnisse, die sich stark nach den Bedürfnissen der jeweiligen Mentees richten. Eine örtliche Nähe ist sicherlich von Vorteil. Hier gibt es keine festen Termine, sie werden individuell festgelegt. Auch hier kann man sich anmelden, so lange es noch freie Plätze gibt.

Für Dr. Karin Rybak und ihre Taskforce ist das Projekt, das von allen Beteiligten komplett ehrenamtlich getragen und unterstützt wird, eine Herzensangelegenheit: „Ich merke immer wieder, wie viel Beratungsbedarf die jungen Menschen haben – von möglichen Karrierewegen bis zu praxisrelevanten Fragen. Ich hätte mir früher jemanden gewünscht, den ich so etwas fragen kann, der mit Rat und Erfahrung zur Seite steht.“ Es sei wichtig, die jungen Menschen möglichst früh zu erreichen, sie an die Hand zu nehmen und die Betreuung nachhaltig zu gewährleisten. Eines der Folgeprojekte ist es deshalb, an den Universitäten mit medizinischen Fakultäten Ambassadore als Ansprechpartner auf studentischer wie ärztlicher Ebene anzubieten. Hier sei die Young DGK sehr aktiv. Mit niederschwelligen Programmen und Hilfestellungen sollen früh Einblicke in das spannende Feld der Kardiologie gewährt werden: „Es geht um Vernetzung bis hin zur Vermittlung auf allen Ebenen“, so Dr. Rybak weiter. Womöglich könnte das DGK-Konzept ja eine Blaupause auch für andere Fachrichtungen sein. Ein Impulsgeber, eine kreative Möglichkeit, den Nachwuchs und die Zukunft der eigenen Zunft zu unterstützen ist es allemal.

K. Basaran

Fotos: © DGK/Hauss

Vier Mitglieder der Taskforce Mentoring (v. l. n. r.): Kathrin Küssner, Dr. Victoria Johnson, Dr. Karin Rybak und Prof. Oliver Bruder

Prof. Oliver Bruder ist als Mentor und Mitglied der Taskforce häufig bei den Speed-Mentorings vertreten

Prof. Alexander Pott ist als Mentor bei den DGK-Hertztagen vor Ort