In regelmäßiger Folge möchte der Ausschuss Qualitätssicherung im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt auf sicherheitsrelevante Ereignisse hinweisen, die dem interprofessionellen und interdisziplinären Lernen dienen.
CIRS-Fall
Der berichtete Fall aus dem CIRS-NRW wurde dem CIRSmedical als frei zugänglichem Berichts- und Lernsystem der deutschen Ärzteschaft zur Verfügung gestellt und dort als Fall des Monats 12/2022 eingestuft (https://www.kh-cirs.de/faelle/dezember22.pdf). Auch im Deutschen Ärzteblatt 5/2023 fand der Fall bereits Beachtung.
Aufgrund der besonderen Bedeutung möchte der Ausschuss Qualitätssicherung aber auch im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt nochmals darauf aufmerksam machen.
Was ist passiert?
Ein Patient zwischen 71 und 80 Jahren erhält auf einer neurologischen Station einen Becher mit einem Papierstrohhalm. Dieser löst sich aber nach und nach auf und es besteht die Gefahr, dass der Patient Papierstücke aspiriert. Eine Pflegekraft bemerkt dies rechtzeitig und entfernt die Papierstücke aus dem Mund.
Einschätzung:
Der vorliegende Fall zeigt eine Gefahrenquelle für die Patientensicherheit auf, die erst seit dem Verbot von bestimmten Einwegkunststoffartikeln durch die EU im Juli 2021 zu beobachten ist und dadurch womöglich oft noch unterschätzt oder gar nicht beachtet wird.
Patientengruppen wie beispielsweise sehr junge Patienten oder Patienten mit einer Dysphagie unterliegen generell einem höheren Risiko des Erstickens und der Gefahr einer Aspirationspneumonie. Da aber genau diese Patientengruppen öfter auf Trinkhilfen (u. a. Strohhalme) angewiesen sind, ist das gänzliche Weg-lassen dieser Trinkhilfen keine Alternative für z. B. Krankenhäuser und Pflegeheime.
Im betroffenen Krankenhaus wurde der Fallbericht zum Anlass genommen, den zentralen Einkauf über die Materialmängel zu informieren und den weiteren Bezug von Papierstrohhalmen zu unterbinden. Auch wurde der Kontakt mit dem Hersteller gesucht. Als Alternativen kommen hier z. B. spülbare Strohhalme aus festem Kunststoff, (Sicherheits-)Glas oder Edelstahl als auch Trinkgefäße mit integriertem und verlängertem Mundstück in Betracht.