Die Medizin wird individueller und diverser – und nun?
Diversität beschreibt sichtbare und nicht-sichtbare Aspekte, zum Beispiel Gender, Alter/Lebenserfahrungen, Ethnie/Herkunft, sozialer Stand, Behinderungen/Beeinträchtigungen, und findet sich sowohl im medizinischen Personal als auch in den Patientinnen und Patienten. Obwohl Diversität in der Medizin eine besondere Rolle spielt, ist sie überwiegend androzentriert gestaltet. Aber Patientinnen und Patienten sind nicht (wie in den meisten Lehrbüchern dargestellt) männlich konnotierte Neutra und zum Beispiel Frauen sind keine kleinen Männer. Es macht einen Unterschied, ob ein Patient oder eine Patientin von einem Arzt oder einer Ärztin behandelt wird, vor allem auch für FLINTA*1.
1 FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans- und agender Personen, wobei der Stern all die Personen inkludiert, die sich nicht unter einem der Buchstaben wiederfinden, aber wegen ihrer Geschlechtsidentität in der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft ebenfalls marginalisiert werden.
Unterschiede gezielt anzuerkennen und zu adressieren ist sowohl in der Versorgung als auch für die in der Medizin Beschäftigten essenziell. Dies anzuerkennen, erhöht die Qualität der Medizin in Forschung, Lehre und Versorgung und damit auch ihre gesamtgesellschaftliche Relevanz.
Nachhaltigkeit, Sinnhaftigkeit und Relevanz sind die positiven Impulse für die nachfolgenden Generationen forschender Ärztinnen und Ärzte. Eine zukunftsfähige Arbeitswelt erfordert divers zusammengesetzte Teams, stärkere Vernetzung und ein agil aufgebautes Ökosystem anstelle eines einschränkenden Top-Down, um Teamentscheidungen, Kreativität und Motivation zu fördern. Dies erfordert zusätzliche Kriterien bei der Personalauswahl der Führungskräfte: Entscheidungen für Führungspersonen dürfen nicht nur an quantifizierbare Leistungszahlen geknüpft werden, sondern auch anhand ihrer Soft und Social Skills, also wie gut sie die ihnen unterstellten Personen mit Wertschätzung, einer selbstverständlichen Fehlerkultur und transparenter, angstfreier Kommunikation stärken können. Um junge Ärztinnen und Ärzte für die Medizin zu begeistern, darf Kompetenz nicht auf messbare Zahlen reduziert und auf ökonomisch bedingte Konkurrenz gesetzt werden, sondern Teams müssen sich durch Vernetzung, Interprofessionalität, Einbindung in Entscheidungsprozesse und Diversität auszeichnen, um dem Drop-Out wirkungsvoll zu begegnen.