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DigiHero

Populationsbasierte Kohortenstudie für digitale Gesundheitsforschung in Deutschland

Populationsbasierte Kohortenstudie für digitale Gesundheitsforschung in Deutschland

Anja Broda, Bianca Klee, Sophie Diexer, Janka Massag, Rafael Mikolajczyk
Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Dr. Anja Broda
Einleitung und Ziel

DigiHero ist eine bevölkerungsbasierte prospektive Kohortenstudie zur Erforschung chronischer Krankheiten und gesunden Alterns (Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Nr. 2020-076; DRKS-Registrierungs-ID: DRKS00025600). Auf methodischer Ebene geht es darum, Gesundheitsfragen mittels digitaler Methoden zu beforschen. Darüber hinaus kann DigiHero als eine Plattform für unterschiedlich gelagerte Projekte bzw. Studien zu spezifischen Themen dienen. Bisher – angesichts der noch kurzen Beobachtungszeit – stehen gerade diese Projekte im Vordergrund der aktuellen Forschung mit und in DigiHero. Neun Kliniken und Institute der Universitätsmedizin Halle haben die DigiHero-Studie 2021 auf den Weg gebracht.

Dr. Anja Broda
Projektkoordination DigiHero

Wie funktioniert DigiHero?

An DigiHero können alle Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr teilnehmen, die über einen Internetzugang, eine eigene E-Mail-Adresse und ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Um einen Populationsbezug schaffen, wurden auf der Grundlage von § 34 und § 46 Bundesmeldegesetz Einwohnermeldeämter in verschiedenen Regionen Deutschlands um eine zufällige Auswahl von Adressdaten gebeten. Die ausgewählten Adressen erhielten ein Informationsschreiben und einen Flyer zur DigiHero-Studie und wurden zur Teilnahme eingeladen. Zusätzlich zu dieser systematisch rekrutierten Studienpopulation können auch nicht explizit eingeladene Personen teilnehmen. Eine Registrierung ist online über die DigiHero-Website (www.medizin.uni-halle.de/digihero) möglich. Registrierte Personen erhalten derzeit drei bis vier Mal im Jahr Einladungen per E-Mail zu Befragungen. Es wird ein systematisches Studienprogramm verfolgt, darüber hinaus können aktuelle Forschungsthemen adressiert werden. Die ursprüngliche Einwilligung beinhaltet die Beantwortung von Fragen zu Themen der Gesundheit. Neben Umfragen können im weiteren Studienverlauf auch Einladungen zu speziellen Modulen erfolgen, in denen Blutabnahmen, Trockenblutkarten sowie Nasenabstriche zum Einsatz kommen, oder Untersuchungen in lokalen Gesundheitseinrichtungen stattfinden, wie z. B. Bildgebung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) vom Kopf. Außerdem ist zukünftig der Einsatz von digitalen Technologien geplant, wie zum Beispiel Uhren, die Puls und Bewegung messen. Für die speziellen Module ist die Teilnahme stets freiwillig; registrierte Personen entscheiden bei jeder Einladung, ob sie teilnehmen möchten. Alle neuen Fragebögen bzw. Module werden der Ethikkommission im Rahmen eines Amendments vorgelegt. Die möglichen Inhalt der Studie wurden sehr breit definiert und schließen z. B. die mögliche Einbeziehung von Haushaltsangehörigen ein.

Abbildung 1:
In diesen Bundesländern
wurden Einladungen
zur DigiHero-Studie verschickt (Stand Dezember 2023)

Beginn und aktueller Stand

Die DigiHero-Studie startete Anfang 2021 mit ungefähr 8.000 Teilnehmenden, nachdem das Projektteam der Universitätsmedizin Halle jeweils eine Person aus allen rund 130.000 Haushalten in Halle (Saale) angeschrieben hatte. Mit einer Förderung des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Sachsen-Anhalt wurde die Rekrutierung auf das gesamte Bundesland ausgeweitet, wodurch zusätzlich ca. 10.000 Interessierte aufgenommen werden konnten. Mit Sachsen und Thüringen kamen weitere mitteldeutsche Regionen hinzu, in denen flächendeckend Personen aus allen Landkreisen angeschrieben und zur Studie eingeladen wurden. Schritt für Schritt kamen zufällig ausgewählte Landkreise und Regionen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Saarland sowie in den Großstädten Berlin, Hamburg, Bremen und Stuttgart hinzu (siehe Abbildung 1 und 2).

Für DigiHero wurden inzwischen deutschlandweit bereits fast 3 Millionen Menschen angeschrieben. Bis Ende des Jahres 2023 registrierten sich fast 100.000 Personen.

Aufgrund des Startzeitpunktes der Studie konzentrierten sich die ersten thematischen Module auf Pandemiethemen. Dabei lag ein Schwerpunkt auf der Erhebung von Belastungen durch pandemiebedingte Einschränkungen des Alltags und der Untersuchung von Langzeitfolgen einer Corona-Virusinfektion. Zudem wurden spezielle DigiHero-Module zur Übertragung von Corona und anderen Atemwegserkrankungen in Haushalten und zur Bestimmung immunologischer Marker durchgeführt. Als ein Standort des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG) werden weiterhin Themen des mentalen Wohlbefindens in den Blick genommen.

Im Folgenden werden einige DigiHero-Module und deren Ergebnisse beispielhaft vorgestellt.

Abbildung 2:
Anzahl registrierter Personen im zeitlichen Verlauf
(Stand November2023: insgesamt 90.842 registrierte Teilnehmende); die Stufen ergaben sich aus Aussendungen der Einladungen in Wellen

Beispiel: Long-COVID
(Diexer et al. 2023)

Nach einer Infektion mit dem Corona-Virus können Langzeitfolgen auftreten, die als „Long-COVID“ bzw. „Post-COVID“ bezeichnet werden. Im Rahmen der DigiHero-Studie wurden die Teilnehmenden zu ihrer Infektionsgeschichte und Symptomen nach den Infektionen befragt, mit dem Ziel, den Einfluss von Virus-Varianten, Impfungen und früheren Infektionen auf die Entstehung von Langzeitsymptomen zu untersuchen.

In die Analyse flossen die Angaben von 11.333 Personen ein, die berichteten, mindestens einmal eine Corona-Infektion gehabt zu haben, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung mindestens zwölf Wochen zurücklag. Erhoben wurden Daten zur Infektionsgeschichte, zum Impfstatus und den Beschwerden nach einer Infektion. Letztere wurden mithilfe einer Liste von 24 typischen Long-COVID-Symptomen erfragt. 2.822 (24,9 %) Personen gaben an, solche Symptome erfahren zu haben. Die Zuordnung des Virustyps erfolgte dabei auf Basis der zum Infektionszeitpunkt vorherrschenden Variante.

Es zeigte sich, dass das Long-COVID-Risiko nach einer Infektion mit der Omikron-Variante deutlich geringer war als nach einer Ansteckung mit früheren Corona-Varianten. Nur 14 % der Teilnehmenden, die mit Omikron infiziert waren (ab Januar 2022) gaben an, zwölf Wochen nach einer Infektion Langzeitsymptome zu haben. Bei einer Infektion mit dem Wildtyp (März 2020 bis Januar 2021) waren es hingegen 52 % (siehe Tabelle 1). Ein überraschendes Ergebnis war, dass Impfungen keinen protektiven Effekt hinsichtlich der Ausbildung von Long-COVID-Symptomen nach der Infektion hatten, wenn man die Ergebnisse innerhalb der Virustypen vergleicht, was frühere Arbeiten, die einen Long-COVID-Schutz durch Impfung postulieren, nicht getan haben. Inzwischen gibt es weitere Arbeiten, die dieses aktuelle Ergebnis unterstützen. Wichtig ist, dass es sich dabei um Durchbruchsinfektionen handelt und eine Analyse des auf Omikron zugeschnittenen Impfstoffs zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich war. Grundsätzlich schützen Impfungen vor Infektionen und vor einem schweren Verlauf und dadurch auch indirekt vor Long-COVID.
Personen, die nach ihrer ersten Infektion kein Long-COVID entwickelten, hatten bei einer wiederholten Ansteckung ein deutlich geringeres Long-COVID-Risiko als Personen, die erstmalig an COVID-19 erkrankten. Dieser Effekt zeigt sich sowohl in unadjustierten als auch in für soziodemographische Variablen adjustierten Analysen und änderte sich auch nicht in Sensitivitätsanalysen mit einer strengen Definitionen von Long-COVID, bei der zumindest moderate Beschwerden für die erfassten Symptome gefordert wurden. Die am häufigsten berichteten Symptome waren schwere Erschöpfung (76,1 %), schwere Kurzatmigkeit (59,6 %) und kognitive Einschränkungen (59,4 %). Die Intensität der Symptome war dabei unabhängig von der Corona-Variante. In einer weiteren Untersuchung, die aktuell fertiggestellt wird, zeigt sich, dass berichtete neuropsychiatrische Langzeitfolgen vor allem auf die Infektion und nicht auf andere Belastungen der Pandemie wie z. B. „Lockdowns“, Home-Office oder Schulschließungen zurückzuführen sind.

Derzeit laufen Folgebefragungen im Abstand von sechs Monaten, um zu untersuchen, wie lange die Long-COVID-Symptome anhalten. Außerdem hat die Universitätsmedizin Halle auf der Basis von DigiHero in Kooperation mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München das Long-COVID-Register (www.medizin.uni-halle.de/long-covid-register) auf den Weg gebracht. Darin werden beispielsweise Long-COVID-Symptome, deren Verlauf, Schweregrad und Linderung durch individuelle Therapien der Betroffenen erfasst.

Tabelle 1: Anzahl der infizierten Teilnehmenden mit Post-COVID-19

Beispiel: Molekulare und immunologische Untersuchungen
(Paschold et al. 2022, Schultheiß et al. 2022, Schultheiß et al. 2023)

Im Rahmen eines speziellen DigiHero-Moduls wurde im Sommer/Herbst 2021 ein Sub-Sample von den bis dahin in Halle und Sachsen-Anhalt rekrutierten Teilnehmenden mit Infektionsfällen im Haushalt zu einer Blutentnahme ins DigiHero-Studienzentrum eingeladen. Die Daten wurden in der Folge für Untersuchungen zu molekularbiologischen Ursachen von Long-COVID herangezogen.

Zunächst wurden die Personen des Sub-Samples zum Verlauf ihrer COVID-19-Erkrankung sowie Folgebeschwerden und Impfstatus befragt. Die Auswertung ergab, dass 60 Prozent aller Teilnehmenden unter anhaltenden Beschwerden länger als vier Wochen nach Infektion litten, in einigen Fällen bis zu 24 Monate. Die hierbei am häufigsten berichteten Beschwerden waren Erschöpfung und Atemnot. Um die molekularen Grundlagen des Post-COVID-Syndroms besser zu verstehen, wurde das Blut aller Teilnehmenden auf Autoantikörper und Entzündungsfaktoren analysiert. Dabei wurde herausgefunden, dass bestimmte Autoantikörperklassen, die auch in vielen rheumatischen Erkrankungen beobachtet werden, in Personen mit überstandener SARS-CoV-2-Infektion für Monate nachweisbar sind, aber nicht mit Post-COVID-Symptomen korrelieren.

Im Gegensatz dazu konnte gezeigt werden, dass insbesondere drei Entzündungsfaktoren – Tumornekrosefaktor TNF, IL-1ß und IL-6 – auch noch acht bis zehn Monate nach Infektion erhöhte Konzentrationen im Blut aufweisen. Somit konnten Belege für eine langanhaltende Zytokinsignatur gefunden werden, die möglicherweise den postakuten klinischen Symptomen einer SARS-CoV-2-Infektion (PASC) zugrunde liegt. Der Vergleich mit Proben aus der akuten COVID-19-Erkrankung legt nahe, dass die Makrophagen eine Umprogrammierung erfahren, die sie dazu veranlasst, TNF, IL-1ß und IL-6 ungebremst auszuschütten. Es wird vermutet, dass diese Umprogrammierung durch die besondere Struktur des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, welches ebenfalls lange nach Infektion im Blut zirkulieren kann, induziert wird. Ob diese drei Faktoren als Marker für das Post-COVID-Syndrom in Personen mit schweren COVID-19-Verläufen oder sogar als therapeutischer Ansatzpunkt genutzt werden können, muss in weiteren Studien untersucht werden. Kurz nach der Einführung der Booster-Impfung wurde eine kleine Stichprobe von Personen zur Blutentnahme eingeladen, die in den nächsten Tagen die Impfung erhalten sollten und bereit waren, sich vor und nach der Impfung Blut abnehmen zu lassen. In der Analyse wurde eine Immunrepertoire-Sequenzierung eingesetzt, um Antikörperspiegel und somatische Hypermutationsverläufe zwischen zwei Kohorten von zuvor nicht infizierten Personen zu vergleichen: einer Primärserie von zwei Standardimpfungen mit denen einer dritten Booster-Impfung. Die Ergebnisse zeigten eine breite Immunresponse nach der dritten Impfung. Dies liefert eine mögliche Erklärung, warum der Booster besser vor neuen Virusvarianten wie Omikron schützt als die initiale Zweifachimpfung.

Die molekularen und immunologischen Untersuchungen als Teil der DigiHero-Studie liefern auch einen Beleg für das wissenschaftliche Potential von DigiHero. Die Kombination von digitaler Epidemiologie und selektiver Bioprobensammlung ermöglichte, innerhalb kürzester Zeit Studienteilnehmende zu rekrutieren und geeignete Probanden zu identifizieren, um pandemische Fragestellungen in Echtzeit zu beantworten.

Tabelle 2: Antworten auf die Frage „Bitte geben Sie an, ob Sie persönlich, für sich selbst, vor den folgenden Ereignissen Angst haben“

Beispiel: Psychische Gesundheit
(Gottschick et al. 2023, Massag et al. 2023)

Im März 2022, am achten Tag nach Beginn des Ukraine-Krieges, wurde in DigiHero eine Befragung zu Ängsten und Sorgen im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Krieges initiiert. Eine Stichprobe von 19.444 Personen beantwortete unter anderem die standardisierten Erhebungsinstrumente GAD-7 und PHQ-9 für Angsterkrankungen und Depression sowie ein modifiziertes Instrument, welches Ängste vor unterschiedlichen Ereignissen erfasst, wie z. B. eine Corona-Virus-Infektion, eine Naturkatastrophe in der eigenen Region oder ein Unfall im Straßenverkehr und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine.

Die Analysen zeigten eine starke Reaktion auf die Krise, die die Reaktionen zur Zeit der stärksten Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie in Deutschland deutlich überstieg. Die Angst vor den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine wurde höher bewertet als andere abgefragte Ängste, einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Über 68 % der Teilnehmenden äußerten sehr starke oder ziemlich starke Ängste vor den Auswirkungen des Krieges, während der Anteil bei anderen untersuchten Ängsten bei 11 % bis 36 % lag (siehe Tabelle 2, Seite 18).

Im September 2022, ein halbes Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges, wurde die Befragung zur psychischen Gesundheit längsschnittlich wiederholt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ängste und Sorgen wegen des Krieges im Vergleich zu der Woche nach Kriegsbeginn etwas nachgelassen hatten. Zu Beginn des Ukraine-Krieges im März 2022 gaben 69 % der Befragten an, dass sie sehr oder ziemlich starke Angst vor den Folgen des Krieges haben.

Im September, nach sechs Monaten, waren es noch 51 %. Die Ängste vor den Auswirkungen des Krieges überwogen aber noch immer vor allen anderen abgefragten Ängsten.

Der digitale Forschungsansatz wurde hier herangezogen, Veränderungen der psychischen Gesundheit als Folge belastender Lebensereignisse und Krisen abzubilden. Besonders hervorzuheben ist, dass innerhalb von wenigen Stunden Antworten von mehreren Tausend Teilnehmenden eingegangen sind. Zukünftig ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit geplant, in regelmäßigen Abständen eine standardisierte Untersuchung durchzuführen und die psychische Gesundheit in der Bevölkerung flächendeckend zu beobachten.

Beispiel: Studien zum Übertragungsrisiko bei respiratorischen Infektionen
(Klee et al. 2023a, Klee et al. 2023b)

Ein weiteres Modul von DigiHero untersucht die Übertragung von SARS-CoV-2 und anderen Atemwegsinfektionen in Haushalten. Dadurch sollen die Wahrscheinlichkeiten einer Übertragung in Haushalten in Abhängigkeit von Faktoren wie Impfstatus, Symptomschwere und Alterszusammensetzung des Haushalts ermittelt und die Virenlast („viral load“) im Verlauf der Erkrankung bestimmt werden. In der Erkältungssaison 2022/2023 lag der Fokus auf COVID-19, in der aktuellen Erkältungssaison 2023/2024 auch auf anderen Atemwegserkrankungen.

Die Übertragungsstudien richten sich an DigiHero-Teilnehmende, die in Haushalten mit mehr als einer Person leben. Sobald im Haushalt eine akute Corona-Infektion bzw. eine akute Atemwegserkrankung auftritt, sollen sich Interessierte möglichst innerhalb von 24 Stunden bei DigiHero melden und bekommen dann alle nötigen Studienmaterialien postalisch zugeschickt. Die Teilnehmenden und ihre Haushaltsmitglieder sollen dann ihre Symptome notieren und Fragen zu Verhaltensweisen im Haushalt beantworten.

Bestandteil des Studienprotokolls in der letzten Saison war weiterhin, dass Teilnehmende und Haushaltsmitglieder sich selbst durch Trockenblutkarten zweimal im Studienzeitraum Blut abnehmen. In der aktuellen Saison sieht das Studienprotokoll vor, dass die Person und möglichst alle Haushaltsmitglieder bei sich selbst Nasenabstriche abnehmen. Die Ergebnisse sind noch nicht publiziert, jedoch wurde die Studie aus der letzten Erkältungssaison bereits auf Tagungen präsentiert.

Ausblick

Inzwischen gibt es DigiHero in 14 Bundesländern. In den verbleibenden Bundesländern starten die Rekrutierungen 2024. Registrierungen von interessierten Personen, die nicht postalisch angeschrieben wurden, sind weiterhin über die Webseite möglich (www.medizin.uni-halle.de/digihero). Haus- oder fachärztlichen Praxen, Kliniken oder anderen interessierten medizinischen Einrichtungen werden auf Anfrage Informationsmaterialien zur Studie wie Aushänge oder Flyer zur Verfügung gestellt. DigiHero wird zudem um einen neuen Rekrutierungsweg erweitert, bei dem in Zusammenarbeit mit den Kliniken der Universitätsmedizin Halle stationäre Patientinnen und Patienten zur Studie eingeladen werden.

Aktuell findet eine Befragung zum Themenkreis Arbeit, Beruf und Gesundheit statt und weitere Themen folgen: medizinische Anamnese inkl. Familienanamnese, Themen der allgemeinen Gesundheit z. B. Gesundheitsverhalten, körperliches und seelisches Befinden oder hinsichtlich der haus- und fachärztlichen Versorgung. Die Studie ist langfristig angelegt und einige Informationen werden im Laufe der Studie mehrfach erhoben.

DigiHero ermöglicht es, direkt und schnell auf aktuelle Gesundheitsthemen reagieren zu können und entsprechende Daten zeitnah, kosteneffektiv und mit hoher Qualität zu generieren. Durch die Einbeziehung der Bevölkerung in die Forschung wird an das Konzept der „Citizen Science“ angeknüpft und die Teilnehmenden beteiligen sich durch eine „Datenspende“. Dabei werden klassische Methoden der Epidemiologie mit neuen, digitalen Methoden verbunden, wodurch große Mengen gesundheitsbezogener Daten („Big Data“) entstehen, durch die umfassende Erkenntnisse gewonnen werden können. Das Potential von DigiHero für die Wissenschaft, Gesellschaft und Politik ist enorm.

Die Köpfe hinter DigiHero

Digitale Gesundheitsforschung in diesem Maßstab erfordert eine Menge Know-how aus verschiedenen Fachbereichen. Initiiert wurde die Studie von neun Kliniken und Instituten der Universitätsmedizin Halle:

  • Klinik für Innere Medizin I, Gastroenterologie, Pneumologie (Prof. Dr. med. Patrick Michl)
  • Klinik für Innere Medizin II, Nephrologie, Rheumatologie, Endokrinologie/ Diabetologie (Prof. Dr. med. Matthias Girndt)
  • Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie, Angiologie, Internistische Intensivmedizin
    (Prof. Dr. med. Daniel Sedding)
  • Klinik für Innere Medizin IV, Hämatologie und Onkologie (vormals Prof. Dr. med. Mascha Binder)
  • Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Pädiatrie (vormals Prof. Dr. med. Jan-Henning Klusmann)
  • Julius-Bernstein-Institut für Physiologie
    (Prof. Dr. med. Michael Gekle)
  • Institut für Medizinische Soziologie
    (vormals Prof. Dr. rer. soc. Matthias Richter)
  • Institut für Allgemeinmedizin
    (Prof. Dr. med. Thomas Frese)
  • Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik (Prof. Dr. med. Rafael Mikolajczyk)

Zur Stärkung der Gesamtstudie wurde ein föderatives Konzept entwickelt, in dem sich weitere Institutionen außerhalb der Universitätsmedizin Halle der Studie anschließen:

  • Universitätsklinikum Jena
  • Leibniz Science Campus Digital Public Health (Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS GmbH und Universität Bremen)
  • Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum
  • Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Institut für Gesundheit, Lausitzer Zentrum für Digital Public Health

Erklärung zu Interessenskonflikten:
Hiermit erklären die beteiligten Autoren, dass es zum vorliegenden Artikel keine Interessenskonflikte gibt.

Korrespondenzanschrift:
Universitätsmedizin Halle
Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik
Dr. Anja Broda
Projektmanagement
Magdeburger Straße 8, 06112 Halle (Saale)

Tel.: 0345/557 3577, Fax: 0345/557 3580
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Internet: www.medizin.uni-halle.de/digihero

Literatur:

Beispiel: Long-COVID

Originalpublikationen:

Diexer S, Klee B, Gottschick C, Xu C, Broda A, Purschke O, Binder M, Frese T, Girndt M, Hoell JI, Moor I, Gekle M, Mikolajczyk R. Association between virus variants, vaccination, previous infections, and post-COVID-19 risk. Int J Infect Dis. 2023 Nov;136:14-21. doi: 10.1016/j.ijid.2023.08.019. Epub 2023 Aug 25. PMID: 37634619.

Steinmann L, Claaß L, Rau M,  Massag J, Diexer S, Klee B,  Gottschick C, Binder M, Sedding D, Frese T, Girndt M, Hoell J, Moor I, Rosendahl J, Gekle M, Mikolajczyk R, Opel N. Differential Associations between SARS-CoV-2 Infection, perceived burden of the pandemic and mental health in the German population-based cohort for digital health research, in preparation.

Beispiel: Molekulare und immunologische Untersuchungen

Originalpublikationen:

Paschold L, Klee B, Gottschick C, Willscher E, Diexer S, Schultheiß C, Simnica D, Sedding D, Girndt M, Gekle M, Mikolajczyk R, Binder M. Rapid Hypermutation B Cell Trajectory Recruits Previously Primed B Cells Upon Third SARS-Cov-2 mRNA Vaccination. Front Immunol. 2022 May 9;13:876306. doi: 10.3389/fimmu.2022.876306. PMID: 35615365; PMCID: PMC9126551.

Schultheiß C, Willscher E, Paschold L, Gottschick C, Klee B, Bosurgi L, Dutzmann J, Sedding D, Frese T, Girndt M, Höll JI, Gekle M, Mikolajczyk R, Binder M. Liquid biomarkers of macrophage dysregulation and circulating spike protein illustrate the biological heterogeneity in patients with post-acute sequelae of COVID-19. J Med Virol. 2023 Jan;95(1):e28364. doi: 10.1002/jmv.28364. PMID: 36458566; PMCID: PMC9878213.

Schultheiß C, Willscher E, Paschold L, Gottschick C, Klee B, Henkes SS, Bosurgi L, Dutzmann J, Sedding D, Frese T, Girndt M, Höll JI, Gekle M, Mikolajczyk R, Binder M. The IL-1β, IL-6, and TNF cytokine triad is associated with post-acute sequelae of COVID-19. Cell Rep Med. 2022 Jun 21;3(6):100663. doi: 10.1016/j.xcrm.2022.100663. PMID: 35732153; PMCID: PMC9214726.

Beispiel: Psychische Gesundheit

Originalpublikationen:

Gottschick C, Diexer S, Massag J, Klee B, Broda A, Purschke O, Binder M, Sedding D, Frese T, Girndt M, Hoell JI, Michl P, Gekle M, Mikolajczyk R. Mental health in Germany in the first weeks of the Russo-Ukrainian war. BJPsych Open. 2023 Apr 14;9(3):e66. doi: 10.1192/bjo.2023.21. PMID: 37057843; PMCID: PMC10134205.

Massag J, Diexer S, Klee B, Costa D, Gottschick C, Broda A, Purschke O, Opel N, Binder M, Sedding D, Frese T, Girndt M, Hoell J, Moor I, Rosendahl J, Gekle M, Mikolajczyk R. Anxiety, depressive symptoms, and distress over the course of the war in Ukraine in three federal states in Germany. Front Psychiatry. 2023 Apr 27;14:1167615. doi: 10.3389/fpsyt.2023.1167615. PMID: 37181901; PMCID: PMC10172594.

Beispiel: Studien zum Übertragungsrisiko bei respiratorischen Infektionen

Konferenzbeiträge:

Klee B, Diexer S, Gottschick C, Broda A, Purschke O, Binder M, Frese T, Girndt M, Hoell J, Moor I, Gekle M, Mikolajczyk R. Household transmission of the omicron variant of SARS-CoV-2 – Results from the DigiHero study. European Scientific Conference on Applied Infectious Disease Epidemiology (ESCAIDE) 2023.

Klee B, Diexer S, Gottschick C, Broda A, Purschke O, Binder M, Frese T, Girndt M, Höll J, Moor I, Gekle M, Mikolajczyk R. A prospective study of household transmission of SARS-CoV-2 – Results from the DigiHero study. 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) 2023.