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COVID-Pneumonie und Niacin (als Therapeutikum eines Chronic Fatigue Syndroms) – hoch dosiert

COVID-Pneumonie und Niacin (als Therapeutikum eines Chronic Fatigue Syndroms) – hoch dosiert

ÄB 2023/0102

Ein 62-jähriger Patient (der Autor) nimmt seit ca. 8 Jahren täglich 500 mg Niacin zur Linderung eines Chronic Fatigue Syndroms ein. Die Kasuistik wurde im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt beschrieben (1). Im Folgenden wird die (vermutliche) Wirkung des Niacins auf die kapillare Sauerstoffsättigung bei Zustand nach COVID-Pneumonie beschrieben:

62-jähriger Patient, guter Allgemein- und Ernährungszustand, Zustand nach 3 „Corona“-Impfungen (Biontech, Comirnaty), erkrankte im Juli 2022 perakut an einer COVID-19-Pneumonie (Schnelltest und PCR positiv, Ct-Wert rund 17). Nach 2 offenbar durch Hypoxämie verursachten Synkopen erfolgte die stationäre Einweisung durch den ärztlichen Notdienst. Bei der Aufnahme bestand Fieber mit 38,5 °C, die Röntgenuntersuchung erbrachte eine Milchglasverschattung in der rechten Lunge, vor allem in basalen Segmenten.

Nach stationärer Aufnahme erfolgte die Behandlung mit 6 mg Dexamethason pro Tag per os, sowie nasale Insufflation mit 2 Liter pro Minute Sauerstoff. Der Patient nahm bis zum Aufnahmedatum 500 mg pro Tag Niacin, diese Medikation wurde durch den stationären Aufenthalt unterbrochen.

Nach 7 Tagen erfolgte die Entlassung nach Hause. Zuvor war für 2 Tage die Sauerstoffgabe auf 1 Liter pro Minute reduziert worden. Die pulsoximetrische Messung der Sauerstoffsättigung ergab Werte zwischen 89 und 92 Prozent. Aus Sorge vor der Entwicklung eines post-COVID-Syndroms erhöhte der Patient 2 Tage nach Entlassung die Niacin-Dosis von 500 mg pro Tag (Tablettenformulierung, „sustaine released“) auf 1000 mg pro Tag (Kapselformulierung, „flush free“). Zeitgleich mit dieser Dosiserhöhung wurden jetzt Sauerstoffsättigungswerte von 94 bis 97 Prozent gemessen.

Glücklicherweise kam es zu keinem Post-COVID-Syndrom, und der Patient erholte sich in den nächsten 5 Wochen zu einer Restitutio ad Integrum.

Bei dem Patienten war im April 2013 die Diagnose eines Chronic Fatigue Syndroms durch die Immundefektambulanz der Charite gestellt worden (Schweregrad 40 auf der Skala nach BELL, 6 von 6 Fukuda-Kriterien erfüllt). Durch Zufall „entdeckte“ der Patient, dass die Einnahme von 500 mg Niacin pro Tag das Syndrom signifikant verminderte. In der Folge nahm der Patient täglich diese Menge zu sich. Bis dato traten – auch laborchemisch – keine Nebenwirkungen auf, von gelegentlichen „Flushs“ abgesehen. Interessant war die Beobachtung, dass bei Absetzversuchen nach einigen Tagen die Fatigue-Symptomatik sich wieder entwickelte.

Die vorliegende Beobachtung, dass mit der Erhöhung der Niacin-Dosis zeitgleich eine Erhöhung der Sauerstoffsättigung stattfand, beweist keine kausale Wirkung des Niacins. Es kann sich ebenso gut um ein zufälliges Aufeinandertreffen beider Phänomene handeln. Dennoch ist die Beobachtung interessant, zumal Niacin am Kapillarendothel wirkt (z. B. Aktivierung der Lipoproteinlipase (2).

Autor:

Dr. med. Michael Scheven, Gera

Portraitfoto: privat

Literatur:

  1. Michael Scheven: Kasuistik: Erfolgreiche Therapie des Chronischen Erschöpfungssyndroms. Ärzteblatt Sachsen-Anhalt 3(2016), S.-28-29.
  2. https://card2brain.ch. Zugriff am 18.10.2022