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Pandemieaufarbeitung politisch nicht gewünscht?
Pandemieaufarbeitung politisch nicht gewünscht?

Wer aus seinen Fehlern nicht lernt, ist verurteilt, sie zu wiederholen

Wer aus seinen Fehlern nicht lernt, ist verurteilt, sie zu wiederholen

Die COVID-19-Pandemie hat weltweit zu nie dagewesenen Herausforderungen geführt. Neben der schnellen Etablierung moderner, zumindest vor schweren Komplikationen schützender Impfstoffe wurden auch und besonders in Deutschland zahlreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen, die fehlerbehaftet, ineffektiv, zum Teil rechtswidrig waren und überwiegend schlecht kommuniziert wurden. Was neben den wirtschaftlichen, psychosozialen, bildungsstrukturellen etc. Folgen bleibt, ist die dringende Frage nach der umfassenden Aufarbeitung dieser Zeit. Einer kritischen Analyse bedürfen nicht nur damalige Entscheidungen, sondern vor allem die Versäumnisse in der Nachbereitung. Insbesondere im Zusammenhang mit der Impfung bemängeln Experten zwei wesentliche Fehler: Zum einen die mangelnde Differenzierung in der Risikobewertung verschiedener Bevölkerungsgruppen, zum anderen eine unzureichende Kommunikation der Impfstrategie. Nicht erst aus heutiger Sicht war die flächendeckende Empfehlung zur Impfung für alle Altersgruppen, beispielsweise gesunder Kinder und Jugendlicher von vielen als unausgewogen wahrgenommen worden und nicht umfassend wissenschaftlich evident. Auch Zwangsmaßnahmen wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht führten nicht nur zu Skepsis, sondern auch zu einem wissenschaftlich messbaren Verlust an Vertrauen in medizinische und staatliche Institutionen, der die zunehmende Spaltung unserer sich in einem schwierigen Transformationsprozess befindlichen Gesellschaft noch zusätzlich forciert.

Die messbaren Folgen von Versäumnissen der Risiko- und Krisenkommunikation und der fehlenden Feinabstimmung der Maßnahmen verdeutlichen, wie wichtig eine klare und differenzierte Nachbereitung wäre. Doch genau diese umfassende Analyse und Aufarbeitung wird von der aktuellen Politik – zuletzt im Oktober im Bundestag – zunehmend als abgeschlossen erklärt, ohne dass ein wirklicher Konsens oder Transparenz geschaffen wurde. Dabei wäre dem Beispiel anderer Staaten folgend nicht rückwärtsgewandte Schuldzuweisung angezeigt, sondern die zielgerichtete Vorbereitung auf zukünftige Krisen. Um Vertrauen zurückzugewinnen, ist besonders die ärztliche Gemeinschaft, sind wir aufgerufen, der Politik nachdrücklich aufzugeben, die Pandemie-Aufarbeitung nicht zum politischen Spielball werden zu lassen, sondern als Chance für ein besseres Management zukünftiger Krisen zu nutzen. Für die weihnachtliche Lektüre empfehle ich Ihnen Hendrik Streecks unlängst erschienenes Buch „Nachbeben. Die Pandemie, ihre Folgen und was wir daraus lernen können“ und verbleibe mit den besten Wünschen für friedliche, besinnliche und gesegnete Weihnachten,

Ihr Gunther Gosch
Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt

Dr. med. Gunther Gosch
(Foto: Peter Gercke)